Mit mehr Fachwissen in der Erdbeobachtung den Welthunger bekämpfen

Wie können Erdbeobachtungsdaten praktisch genutzt werden? Das vermittelt EO-CONNECT Menschen weltweit. Satellitenbilder können dabei helfen, das Geschehen auf unserem Planeten besser zu verstehen. Mithilfe der Erdbeobachtung können Katastrophen vorhergesagt, das Klima beobachtet und sogar der Welthunger bekämpft werden.

Satellitenbild von Agrarfläche

Auf diesem Falschfarbenbild ist ein Ausschnitt einer Aufnahme der südlichen Ukraine zu sehen. Der Nahinfrarot-Kanal wurde einbezogen, so dass die Vegetation hellrot erscheint. Die Abbildung enthält modifizierte Copernicus-Sentinel-Daten (2019), bearbeitet von ESA, CC BY-SA 3.0 IGO.

„Kein Hunger“ ist das zweite der 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen. Alle Menschen sollen sich sicher und ausreichend ernähren können. Erdbeobachtungstechniken können dazu beitragen, dieses Ziel zu erreichen. Beispielsweise kann über Satellitenbilder die Vitalität von Pflanzen auf Feldern großräumig erfasst werden. So können Schädlingsbefall oder Ernteausfälle frühzeitig erkannt und entsprechende Maßnahmen ergriffen werden.
Aber das sind noch lange nicht die einzigen Einsatzmöglichkeiten: Dank der vielen Erdbeobachtungssatelliten, die um die Erde kreisen, stehen heute große Datenmengen frei zur Verfügung. Sie werden für die Landwirtschaft genutzt, für die Katastrophenhilfe und für die Beobachtung von Klimaveränderungen. Es fehlt allerdings häufig an Fachleuten, die diese Daten für den jeweiligen Zweck auswerten und aufbereiten können.

Hier setzt das Projekt EO-CONNECT an: Ziel ist es, das Wissen über die Nutzung von Erdbeobachtungsdaten weltweit zu verbreiten und möglichst viele Personen auf diesem Gebiet aus- und weiterzubilden.

Synergieeffekte nutzen: Mit einer Online-Lernplattform

Institute der Friedrich-Schiller-Universität Jena und der Ruhr-Universität Bochum haben sich zusammengetan und vereinen ihre bisherigen Bildungsangebote in der Erdbeobachtung auf einer offenen Online-Lernplattform unter dem Namen EO-College. Auf dieser Lernplattform werden Kurse, Tutorials und Lehrmaterialien unter einer freien Lizenz (CC BY SA) angeboten. Zusammen mit weiteren Partnerinnen und Partnern aus ihrem Netzwerk soll das Angebot in Zukunft stark ausgebaut werden.

Die gemeinsame Plattform ermöglicht Synergieeffekte: Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bauen eine Metadaten-Infrastruktur auf, so dass alle Materialien in verschiedenen Zusammenhängen verwendet werden können. Sie setzen Gamification-Elemente ein, sammeln Wissen über neue Formen des Online-Lernens und teilen ihre Erfahrungen.

Das umfangreiche Angebot auf der Lernplattform EO-College basiert auf einem globalen Netzwerk. Die Raumfahrtagenturen DLR, ESA, NASA und JAXA stellen die benötigten Satellitendaten zur Verfügung. Um maßgeschneiderte Kurse entwickeln und bekannt machen zu können, ist außerdem eine enge Zusammenarbeit mit UN-Organisationen geplant – mit der FAO (Food and Agriculture Organization of the United Nations) und mit UN-SPIDER (United Nations Platform for Space-based Information for Disaster Management and Emergency Response) – und auch mit der Weltbank.

Was macht die Erdbeobachtung?

Die Erdbeobachtung (Earth Observation, EO) – oft auch als „Fernerkundung“ bezeichnet – ist in vielen Bereichen relevant. Erfasst werden die Erdoberfläche und die Erdatmosphäre. Die aufgenommenen Bilder können wie bei der normalen Fotografie das sichtbare Licht nutzen; verwendet werden aber auch Infrarot- oder Radarsensoren. Die Bilder werden mit automatisierter digitaler Bildverarbeitung für das jeweilige (Forschungs-)Interesse aufbereitet.

Elementar sind Erdbeobachtungsdaten für Wettervorhersagen und die Klimaüberwachung. Anhand von Bildern, die zu verschiedenen Zeitpunkten aufgenommen wurden, sogenannten Zeitreihen, können Veränderungen beobachtet und dokumentiert werden. Sehr hilfreich sind Luftbilder in der Land- und Forstwirtschaft und der Regionalplanung. Unterschiedliche Nutzungsformen können einfach erfasst und klassifiziert werden. Bei der Katastrophenhilfe und bei der Vorhersage von Naturkatastrophen ist die Erdbeobachtung ebenfalls sehr nützlich. Beispielsweise können bereits Hebungen und Senkungen der Erdoberfläche von wenigen Millimetern registriert und so in gefährdeten Bereichen drohende Hangrutsche oder Vulkanausbrüche erfasst werden.

Das Zero-Hunger-MOOC

Innerhalb des EO-CONNECT-Projekts wird kollaborativ ein Massive Open Online Course (MOOC) erarbeitet. Ein MOOC ist ein Online-Kurs, der ohne Zugangsvoraussetzungen allen Interessierten offensteht. In diesem Kurs geht es um den Einsatz der Erdbeobachtung für das UN-Nachhaltigkeitsziel „Kein Hunger“. Die verschiedenen Netzwerkpartnerinnen und -partner von EO-CONNECT beteiligen sich daran beispielsweise mit Lehrvideos, Animationen oder interaktiven Webtools. Indem die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gemeinsam diesem Kurs entwickeln, erwerben sie Wissen und Fähigkeiten, die sie für eigene, weiterführende Kurse nutzen können.

Da der Zero-Hunger-MOOC weltweit genutzt werden soll, sind die individuellen Voraussetzungen der Teilnehmenden sehr unterschiedlich. Gerade auch Menschen aus Schwellen- und Entwicklungsländern sollen die Erdbeobachtungsdaten nutzen können. Deshalb wird der Kurs stark modular aufgebaut, damit die Teilnehmenden einen individuellen Einstieg finden und ihre eigenen Schwerpunkte setzen können.

Satellitenbild von Agrarfläche in Saudi-Arabien

Dieses Falschfarbenbild zeigt bewässerte, landwirtschaftlich genutzte Flächen in Saudi-Arabien. Die verschiedenen Farbtöne können verschiedenen Feldfrüchten und verschiedenen Vitalitätszuständen der jeweiligen Kulturen zugeordnet werden. Die Abbildung enthält Copernicus-Sentinel-Daten (2015) von ESA, CC BY-SA 3.0 IGO.

Fachwissen in der Erdbeobachtung weltweit nutzbar machen

Das Projekt EO-CONNECT ist mit seiner Lernplattform EO-College diesem Ziel bereits nahegekommen!

Die Kurse, Tutorials und Lehrmaterialien auf der Lernplattform werden bisher in erster Linie auf Englisch angeboten. Da sie aber unter einer freien Lizenz stehen, können sie beliebig in andere Sprachen übersetzt und wieder zur Verfügung gestellt werden. Auf diese Weise kann das Wissen in vielen Ländern und auf vielen Ebenen gut verbreitet werden.

Für die Teilnahme an Online-Kursen wird es Zertifikate geben. Damit können die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nachweisen, dass sie den jeweiligen Kurs absolviert haben, und ihre erworbenen Fachkenntnisse in ihrem beruflichen Umfeld praktisch nutzen.

Während das Angebot auf der Plattform EO-College themenzentriert aufgebaut und global ausgerichtet ist, richtet sich die Lernplattform „Fernerkundung in Schulen“ (FIS) direkt an Schülerinnen und Schüler und an Lehrkräfte. Dabei orientiert sie sich an den Anforderungen des deutschen Schulsystems. Erdbeobachtung ist in vielen Fächern einsetzbar: in Erdkunde, aber auch in Physik und Informatik. Wenn Jugendliche im Unterricht ganz praktisch mit Satellitenbildern arbeiten können, ist es leicht, sie zu begeistern und sie so als wissenschaftlichen Nachwuchs für die Erdbeobachtung zu gewinnen.